Mehr Klimaschutz treibt die wirtschaftliche Entwicklung voran

Bundespolitik Ein Verbot von ChatGPT wie in Italien hält Maik Außendorf, digitalpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion, für falsch, erklärte er in der „bwg sitzungswoche Sprechstunde“. Der richtige Weg sei die Regulierung, die auf EU-Ebene in Gang sei.

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Maik Außendorf vertritt den Wahlkreis Rheinisch-Bergischer Kreis, übrigens auch der Wahlkreis von Christian Lindner. Außendorf ist Mitglied des Digitalausschusses, was für den studierten Mathematiker und Informatiker naheliegend ist. Außendorf ist auch Mitglied im Wirtschaftsausschuss und als selbstständiger Unternehmer einer der wenigen seiner Art im Bundestag.

Seine Politisierung sieht er in mehreren Phasen: Zum einen im politisch interessierten Elternhaus mit den Themen Nachrüstung und Waldsterben. Das Interesse für die Lokalpolitik kam für den aus der Fahrradstadt Münster Stammenden mit der schlechten Bewertung seines neuen Heimatortes Bergisch-Gladbach im Fahrrad-Ranking. Als überzeugter Radler – übrigens auch in Berlin, das er in dieser Hinsicht nicht so schlecht aufgestellt findet wie viele Berliner*innen – wollte er helfen, das zu ändern. Das ging langsamer voran, als er zunächst gedacht hatte: „Hinter jedem wegfallenden Parkplatz steht eine Protestinitiative“, so seine Beobachtung. Und schließlich war die Finanzkrise ein weiterer Punkt, der ihn nach Unternehmens- und Familiengründung wieder aktiv zur Politik brachte.

Geprägt hat ihn auch sein erster Job nach dem Studium, den er für Siemens in Kolumbien antrat, wo seine Frau als Lehrerin unterrichtete. Das Verkehrschaos dort habe ihn mehr Gelassenheit mit Zugverspätungen gelehrt, die große Armut vor Augen geführt, wie relativ gut es uns in Deutschland geht. Das heiße aber nicht, versicherte er Moderator Christoph Nitz, dem Gründer der „sitzungswoche“, im morgendlichen Gespräch in der Ständigen Vertretung in Berlin, dass er in Deutschland sich nicht für benachteiligte Gruppen einsetze wie etwa in der Kulturteilhabe, wo gerade der Kulturpass für 18Jährige im Wert von 200 Euro an den Start gebracht worden ist.

Dass der Entwurf zum Gebäudesanierungsgesetz mit der jetzt umstrittenen Vorschrift zur Heizungserneuerung „durchgestochen“ wurde, findet er ärgerlich, denn „Durchstechen hat immer die Intention, etwas kaputtzumachen“. In diesem Fall durch heiße Diskussionen über noch nicht fertige Paragraphen. Dass das größte deutsche Boulevardblatt das Thema so eifrig aufgenommen hat, sieht er auch im Zusammenhang mit dem US-Investor, dem er Interesse an Gewinnen mit fossilen Energien zuschreibt. Was ihn in der Koalition aber ebenfalls ärgere, so Außendorf, sei, dass der Kanzler seine Aufgabe, Beschlossenes auch umzusetzen, nicht ausreichend wahrnehme und alles wieder und wieder diskutiert werde.

Langfristig ist Außendorf für die Einbeziehung aller in die Rentenkasse, auch der Selbstständigen mit einer Berufsalterssicherung wie bei den Architekten. Bei Erbschaften müssten Steuerschlupflöcher gestopft werden, die zum Teil auch über Stiftungen funktionieren. Dafür sollte soziales Unternehmertum gestärkt werden. Die Dienstleistungen und die Infrastruktur, die allen aus den Steuern zugutekommen, müssten deutlicher angesprochen werden. Durch mehr Digitalisierung in der Verwaltung könnten zusätzliche Ressourcen für wichtige Aufgaben frei werden.

In weiten Teilen der Industrie habe sich die Erkenntnis längst durchgesetzt, dass sie sich klimaneutral aufstellen muss, meinte Außendorf. Denn eine dauerhafte Erderwärmung schädige auch die Wirtschaft. Oft müssten die Entwicklungen aber von der Politik angestoßen werden, wie etwa beim Katalysator oder der Datenschutzgrundverordnung DGSVO, die dann zu neuen technischen und Software-Entwicklungen führten, die den EU-Firmen letztlich einen Technikvorsprung und einen Marktvorteil durch einen fortschrittlichen und vertrauenswürdigen „EU-Standard“ einbrächten. Deshalb hält er ein Verbot von ChatGPT auch nicht für den richtigen Weg, denn dann seien auch positive Einsatzmöglichkeiten verboten und alles werde ins Illegale abgedrängt. Regulierung der digitalen Entwickklung durch die EU, wie es ja gerade in Angriff genommen werde, sei die positive Lösung.

Generell, so sein abschließender Wunsch, müsse viel deutlicher dargestellt werden, dass Klimaschutz und Datenschutz positive wirtschaftliche Entwicklungen vorantreiben.

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Die Veranstaltungsreihe „bwg sitzungswoche – Sprechstunde“ ist eine Kooperation von bwg Berliner Wirtschaftsgespräche, sitzungswoche - Unabhängiges Netzwerk für Politik, Wirtschaft und Medien, StäV Ständige Vertretung Berlin, Wöllhaf Gruppe und OSI Club mit Unterstützung von Studio Schiffbauerdamm, Landau Media und berlin bubble.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Susanne Stracke-Neumann

Susanne Stracke-Neumann ist freie Journalistin. Für die meko factory berichtet sie über Veranstaltungen.

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